Veranstaltung: | BAG Frieden 16.-18.4.2021 |
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Tagesordnungspunkt: | 1. Änderungsanträge zum Wahlprogram |
Antragsteller*in: | Nahost-AG der BAG (dort beschlossen am: 01.04.2021) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 06.04.2021, 21:43 |
A17: Israel und Palästina
Antragstext
Globalalternative zum Abschnitt Israel und Palästina. Dieser Antrag beruht auf
einer Uberarbeitung der Nahost-AG der BAG Frieden und Internationales.
Zeilen 266-280 streichen und ersetzen durch:
Deutschland hat eine historische Verantwortung gegenüber Israel. Die Existenz
und die Sicherheit Israels als nationale Heimstätte des jüdischen Volkes mit
gleichen Rechten für all seine Bürger*innen sind unverhandelbar. Enge deutsch-
israelische Beziehungen sowie Frieden, Sicherheit und menschenwürdige
Lebensverhältnisse für alle Menschen im Nahen Osten sind zentrale Anliegen
deutscher Außenpolitik. Wir unterstützen eine friedliche Regelung des
israelisch-palästinensischen Konflikts, die es sowohl Israelis als auch
Palästinenser*innen ermöglicht, in nationaler Selbstbestimmung, Freiheit,
Sicherheit und Demokratie in ihrer Heimat zu leben – sei es in einer Zwei-
Staaten-Regelung auf der Grundlage der Grenzen von 1967 oder einer anderen
einvernehmlich erzielten Übereinkunft. Die völkerrechtswidrige Besatzung, die
fortschreitende de facto Annexion – unter anderem der Siedlungsbau - und die
damit einhergehende Verweigerung grundlegender Menschenrechte der
Palästinenser*innen müssen beendet werden. Wir werden uns für einen
Demokratisierungsprozess sowie den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen in den
palästinensischen Gebieten stark machen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass
die Abkommen zwischen Israel und einigen arabischen Staaten für die
Wiederbelebung eines multilateralen Friedensprozesses genutzt werden. Im Rahmen
der EU wollen wir in Kooperation mit der US-Regierung neue Initiativen zur
Regelung des Konflikts entwickeln. Wir unterstützen in Israel und Palästina die
zivilgesellschaftlichen Kräfte, die sich für Frieden und Verständigung mit den
Nachbarn, eine demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung in der Region
sowie den Respekt für internationales Recht und Menschenrechte einsetzen. Mit
positiven und negativen Anreizen wollen wir beide Seiten des Konflikts zur
Wiederaufnahme direkter und substantieller Friedensgespräche bewegen.
Begründung
Dieser Alternativvorschlag für den Absatz zu Israel und Palästina wurde von der Nahost AG der BAG entwickelt und dort einstimmig angenommen. Es ist die Auffassung der AG, dass durch diese Änderungen ein differenzierteres Verständnis des Nahost-Konflikts geschaffen und die Bestrebungen und Werte unserer grünen Partei - insbesondere die Wahrung von Menschenrechten, internationalem Völkerrecht und nationaler Rechtsstaatlichkeit sowie die Unterstützung von Friedensakteuren und -gesprächen - dargelegt wurde.
Änderungsanträge
- Ä1 (Karl-Wilhelm Koch (BAG Frieden, Del. RLP), Eingereicht)
Kommentare
Frank Stawitzki:
Das Verhältnis Israel/Bundesrepublik würde sich dramisch verschlechtern, wenn die Grünen Regierungsverantwortung einnehmen würden. Antiisraelismus größter Teile der Mitgliedschaft kann auch ja auch als Antisemitismus wahrgenommen werden. Daran ändert auch ein "Alibi-Jude" als EU-Abgeordneter der Grünen nichts. Daher ist der Antrag das Papier nicht wert !
Melanie Müller:
Zum Inhalt: Der Antrag ist sehr ausgewogen und adressiert die Bedürfnisse und Herausforderungen beider Seiten, ebenso wie er die Probleme benennt. Wenn du konkrete Stellen benennen kannst, die dir nicht passen, dann ist das hier der richtige Ort für Verbesserungsvorschläge. Für pauschale Pöbelei nicht.
Da ich dich noch nie in der BAG gesehen habe: die Diskussion dort und unsere Sitzungen stehen allen offen.
Christian Sterzing:
Merkwürdig - um es milde auszudrücken - finde ich schon, wenn von "sogenannten Palästinensern" die Rede ist. Hier geht es offensichtlich darum, einem bestimmten Teil der Bevölkerung und Israel und den besetzten Gebieten die eigene Identität, eigene Rechte, z.B. das nationale Selbstbestimmungsrecht abzusprechen, das übrigens von fast der ganzen Welt anerkannt wird. Falsch ist die Behauptung, eine "zivile Bürgerschaft" (Was ist denn das?) für Juden gäbe es in den arabischen Ländern nicht. Tatsache ist, das die Mitglieder der kleinen, nach Vertreibungen aus den arabischen Staaten noch verbliebenen jüdischen Gemeinden durchaus staatsbürgerliche Rechte besitzen. Dass sie dort trotzdem auch heute vielfach diskriminiert werden, wird wohl kaum jemand bestreiten. Was soll also diese falsche Bemerkung? Willst Du mit dem Hinweis auf die unbestrittene politische und gesellschaftliche Diskriminierung der Juden in arabischen Ländern, die Diskriminierung der "sogenannten Palästinenser" in Israel rechtfertigen? Nimmt man Deine Argumentation ernst (arabische Offiziere und Abgeordnete), dann gibt es z.B. in den USA keinen Rassismus und keine Diskriminierung, weil es mit Obama sogar ein Schwarzer bis zum Präsidenten geschafft hat. Aber: Israel gewährt all seinen Bürger*innen eben nicht gleiche Rechte. Es gibt z.B. vielfältige Diskriminierungen in den Bereichen Landbesitz, Städteplanung, freie Wahl des Wohnortes, Infrastruktur, Wirtschaftsentwicklung und Bildung. Juden können jederzeit nach Israel einreisen und Staatsbürger werden, Palästinenser nicht, auch wenn sie dort geboren und von dort vertrieben worden sind. Am wichtigsten erscheint mir aber das sog. Nationalstaatsgesetz. Hier wird eine eindeutige Priorisierung der jüdischen Staatsbürger*innen festgeschrieben. Es wird sozusagen (grund)gesetzlich festgelegt, dass es Bürger*innen erster und zweiter Klasse gibt. Bezieht man das Westjordanland in die Betrachtung ein, so wird die Diagnose noch deutlicher: Die etwa 600.000 jüdischen Siedler*innen (Ost-Jerusalem eingeschlossen) dürfen an den israelischen Wahlen teilnehmen, die ca. 3 Mio. Palästinenser*innen nicht. Es gibt dort auch zwei unterschiedliche Rechtssysteme: eines für die palästinensische, ein anderes für die jüdische Bevölkerung.
Die geplante Annexion palästinensischer Gebiete sieht die Ausweitung der (jüdischen) Souveränität über das Westjordanland vor, aber keine staatsbürgerlichen Rechte für die palästinensischen Bewohner*innen. In Ost-Jerusalem, das bereits formal (völkerrechtswidrig) annektiert wurde, haben die dort lebenden Palästinenser*innen zwar den Status von „Ständigen Einwohnern“ („Permanent Residents“), aber keine staatsbürgerlichen Rechte ("Citizens"). Die immer schon vorhandene Spannung zwischen jüdischem und demokratischem Staat ist mit dem Nationalstaatsgesetz zulasten der Demokratie quasi offiziell-gesetzlich (und damit mehrheitlich) „aufgelöst“ worden.
Die politischen Beurteilung der Zustände und Entwicklungen in Israel/Palästina bedarf gewiss einer differenzierten und auch kontroversen Debatte, aber es ist völlig legitim, sich auch "als Deutsche", auch als deutsche Regierung dazu zu äußern. Schweigen stünde einem universalistischen Menschenrechtsbegriff entgegen, den Bündnis 90/Die Grünen vertreten. Auch Israel und seine Regierung müssen an diesem Maßstab gemessen werden. Wenn wir Juden/Israel von diesem universalistischem Menschenrechtsanspruch ausnehmen, weisen wir ihnen einen Sonderstatus zu, was Antisemitismus Vorschub leistet, die Glaubwürdigkeit unseres menschenrechtlichen Engagements unterminiert und der gesetzlichen und institutionellen Diskriminierung der palästinensischen Bevölkerung nicht gerecht wird. - Also mit falschen Behauptungen (s.o.), Denunzierungen ("Alibi-Jude"), böswilligen Unterstellungen ("Antiisraelismus größter Teile der Mitgliedschaft") kommen wir zu keiner sachlichen Debatte. Bitte, bitte vergifte nicht den Diskurs noch mehr!
Jörn Böhme:
Was möchte er mit dem ersten Absatz sagen: dass es in Israel keinerlei Probleme und Spannungen zwischen jüdischer Mehrheit und palästinensischer Minderheit gibt?
Wie begründet sich die Behauptung, die deutsch-israelischen Beziehungen würden sich bei einer bündnisgrünen Regierungsbeteiligung dramatisch verschlechtern? Ist er wegen dieser Behauptung gegen eine bündnisgrüne Regierungsbeteiligung?
Auch für die Behauptung, große Teile der bündnisgrünen Mitgliedschaft wären anti-israelisch eingestellt, werden keinerlei Belege geliefert.
Daniel Hecken:
"Deutschland hat eine historische Verantwortung gegenüber Israel. Die Existenz und die Sicherheit Israels als nationale Heimstätte des jüdischen Volkes mit gleichen Rechten für all seine Bürger*innen sind unverhandelbar. Enge deutsch-israelische Beziehungen sowie Frieden, Sicherheit und menschenwürdige
Lebensverhältnisse für alle Menschen im Nahen Osten sind zentrale Anliegen deutscher Außenpolitik. Wir unterstützen eine friedliche Regelung desisraelisch-palästinensischen Konflikts, die es sowohl Israelis als auch Palästinenser*innen ermöglicht, in nationaler Selbstbestimmung, Freiheit, Sicherheit und Demokratie in ihrer Heimat zu leben in einer Zwei-Staaten-Regelung auf der Grundlage der Grenzen von 1967. Die völkerrechtswidrige Besatzung, die fortschreitende de facto Annexion – unter anderem der Siedlungsbau - und die damit einhergehende Verweigerung grundlegender Menschenrechte der Palästinenser*innen müssen beendet werden. Wir werden uns für einen Demokratisierungsprozess sowie den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen in den palästinensischen Gebieten stark machen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Abkommen zwischen Israel und einigen arabischen Staaten für die Wiederbelebung eines multilateralen Friedensprozesses genutzt werden. Im Rahmen der EU wollen wir in Kooperation mit der US-Regierung neue Initiativen zur Regelung des Konflikts entwickeln. Wir unterstützen in Israel und Palästina die zivilgesellschaftlichen Kräfte, die sich für Frieden und Verständigung mit den Nachbarn, eine demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung in der Region sowie den Respekt für internationales Recht und Menschenrechte einsetzen. Mit positiven und negativen Anreizen wollen wir beide Seiten des Konflikts zur Wiederaufnahme direkter und substantieller Friedensgespräche bewegen."