Veranstaltung: | BAG Frieden 16.-18.4.2021 |
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Tagesordnungspunkt: | 1. Änderungsanträge zum Wahlprogram |
Antragsteller*in: | Maria Feckl, Berti Furtner-Loleit, Ralph Urban |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.04.2021, 12:23 |
A1: Kooperation mit China zu Lasten anderer -> streichen
Text
Im Text in den Zeilen 221-224
„Es braucht dennoch einen konstruktiven Klima-Dialog mit China und wir streben
gemeinsame politische, wirtschaftliche und technologische Anstrengungen zur
Bekämpfung der Klimakrise an. Die Kooperation mit China darf nicht zu Lasten von
Drittstaaten oder von Menschen- und Bürger*innenrechten gehen.“
wird der folgende Satz gestrichen:
„Die Kooperation mit China darf nicht zu Lasten von Drittstaaten oder von
Menschen- und Bürger*innen-rechten gehen.“
Begründung:
Der Satz bezieht sich inhaltlich auf den im vorangegangenen Satz genannten
Klima-Dialog mit China und knüpft seinem Wortlaut nach diesen Dialog an eine
Bedingung, die als notwendige Voraussetzung anzusehen ist. Ist es klug, diese
Themen so zu verknüpfen, dass Änderungen der chinesischen Menschenrechtspolitik
zur Voraussetzung für den Klima-Dialog werden? Unproblematisch wäre der Satz
sicher, wenn er sich auf einen Wirtschafts- und Handels-Dialog beziehen würde.
Aber der globale Kampf gegen den Klimawandel sollte seit dem Paris-Abkommen als
Menschheitsherausforderung verstanden werden, dazu noch mit einem historisch
sehr kurzen Zeitfenster, das uns zum Handeln bleibt. Wenn die Erderhitzung nicht
ausreichend begrenzt wird, werden die Folgen durch ausbleibende Ernten,
Trockenheit, unmittelbare Todesfälle, Hunger, Vertreibung, soziale Unruhen bis
zu Kriegen befördern, es werden schlechte Zeiten für Menschen- und
Bürger*innenrechte anbrechen, über alle Kontinente hinweg.
Antragsteller*innen:
Maria Feckl
Berti Furtner-Loleit
Ralph Urban
Kommentare
Sebastian Stölting:
Das auf die Frage nach der Kooperation im Hinblick auf Klimapolitik zu verkürzen, kann ich nicht nachvollziehen.
Horst Schiermeyer:
Das Pariser Klimaabkommen ist von den Regierungen aller Staaten unterschrieben worden, darunter auch ganz üblen Figuren. Hätte man die Menschenrechtssituation in den Ländern zum Kriterium gemacht, wäre es zu diesem Abkommen nicht gekommen.
Die chinesische Regierung zu kritisieren wegen ihrer Politik gegenüber Minderheiten und deswegen Druck auf sie auszuüben ist richtig, aber die Zusammenarbeit in der Menschheitsaufgabe Klimaschutz darf davon nicht abhängig gemacht werden.
Thomas Schmidt:
Wir wollen einerseits Proponenten und Kämpfer für Demokratie und Menschenrechte sein und immer dies zur Grundlage aller Politikansätze machen.
Andererseits wollen und müssen wir die Klimakrise bewältigen und für nachhaltiges Wirtschaften und Konsumieren im globalen Maßstab eintreten.
In diesem Spannungsfeld haben wir massive Probleme beim Umgang mit den s. g. autoritären Staaten, insbesondere mit China und Russland.
Wir haben die klare, wissenschaftlich begründete Erkenntnis, dass die Bewältigung der globalen Bedrohungen wie Klimawandel (ich zähle unbedingt da auch die nukleare Bedrohung dazu) eine globale Kooperation aller Nationen/Staaten/Systeme erfordert. Insbesondere mit China, das voraussichtlich als kommende wirtschaftliche Nummer 1 noch in diesem Jahrzehnt, einen gravierenden Einfluss auf die Effektivität der Bemühungen zur Eindämmung der Klimakrise haben wird.
Ich kann jedoch auch jeden verstehen, der sagt: “Ja aber, die Menschenrechte und die Demokratie sind uns so heilig und so zentral für unser Selbstverständnis und unsere politische Kern-Position, die können wir nicht verraten.”
Also geht es um die Frage: Gibt es einen Weg für eine umfassende globale Kooperation auch mit den s. g. Systemrivalen und autoritären Staaten, bei dem unsere Ansprüche an Menschenrechte und Demokratie nicht einfach ignoriert und untergepflügt werden?
Ich glaube ja - und hier ist m. E. ein fundamentales Umdenken nötig.
Wir müssen erkennen, dass diese globale Kooperation nicht nur zwingend nötig und unvermeidbar ist, um die globalen Menschheitbedrohungen zu bewältigen, sondern dass sie auch nötig und unverzichtbar ist, um dadurch im Zuge der Stärkung international verbindlicher Normen, Regeln und der internationalen Rechtsordnung die Menschenrechte und Fundamente demokratischer Regierungsformen zu stärken und zu schützen. Die Frage ist nicht Kooperation oder Menschenrechte + Demokratie, sondern Menschenrechte und Demokratie sind u. a. auch gewünschte Ergebnisse von globaler Kooperation.
Wir müssen aber auch von dem verständlichen, aber eigentlich völlig verfehlten Standpunkt lösen, dass unsere eigenen so geliebten Maßstäbe als universell und allgemeingültig zu gelten haben. Wir müssen unsere Überzeugungen davon nicht aufgeben. Wir müssen dafür werben und eintreten. Aber wir dürfen nicht a priori davon ausgehen, dass abweichende Auffassungen, die z. B. aus einem anderen kulturellen Geschichtsverständnis, aus anderen Traditionen, aus anderen gesellschaftlichen Entwicklunsstadien entstammen, automatisch falsch oder auch nur minderwertig sind. Vor allem dürfen wir nicht unsere Maßstäbe zum globalen Heiligtum erklären und anderen aufzwingen, sondern diese Maßstäbe verhandeln und zu alpgemeingültigen, allgemein anerkannten Rechtsnormen durch Verhandlung und Kompromissfindung machen. Alles Andere wäre Neo-Kolonialimus.
Von daher verbietet es sich für Grüne AP, die Welt in Demokratien und Autokratien/Diktaturen zu unterteilen und an diesen Spaltungstendenzen aktiv mitzuwirken. Es verbietet sich, ohne sehr sorgfältige Behandlung des konkreten Einzelfalls, pauschal Kooperation und Zusammenarbeit von der Menschenrechtssituation und der Abwesenheit von Demokratiedefiziten abhängig zu machen. Und vor allem müssen wir die Anwendung doppelter Maßstäbe beenden, weil das alle unseren richtigen und wichtigen Positionen zu Demokratie und Menschenrechten unglaubwürdig macht.
Juergen Kurz:
Auch in diesem Antrag wird genau der Abschnitt über die Kooperation deklamatorisch bei behalten. Es ergibt sich aber dass diese Aussage sich immer nur auf den konkreten Einzelfall beziehen kann.