Veranstaltung: | BAG Frieden 16.-18.4.2021 |
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Tagesordnungspunkt: | 1. Änderungsanträge zum Wahlprogram |
Antragsteller*in: | Karl-Wilhelm Koch (AG Atomare Abrüstung) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 05.04.2021, 11:36 |
A2: Nukleare Abrüstung
Antragstext
Verfahrenshinweis: Beantragt per Beschluss der BAG Frieden wird ein
eigenständiger Absatz zur Nuklearen Abrüstung im kommenden
Bundestagswahlprogramm. Der Antrag ist ein mit großer Mehrheit gefasster
Beschluss der letzten BAG-Sitzung am 28.2.2021.
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Steigende internationale Spannungen, zunehmende militärische Konfrontationen und
Drohungen, neue atomare Aufrüstung und das Ende alter Rüstungskontrollverträge
sowie die von fünf auf bislang neun gewachsene Zahl der Nuklearwaffen-besitzende
Staaten machen die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen gegenwärtig größer denn
je. Daher muss weltweite nukleare Abrüstung oberstes Gebot der deutschen Außen-
und Sicherheitspolitik werden.
Unser Ziel als GRÜNE ist es, den mit großer Mehrheit der Staaten angenommenen
VN-Atomwaffenverbotsvertrag, seit dem 22.01.2021 geltendes Völkerrecht, in der
kommenden Legislaturperiode zu unterzeichnen und zu ratifizieren[1].
Ebenso werden wir in der kommenden Legislaturperiode, in enger Abstimmung mit
unseren internationalen Partnern, aber als souveräne Entscheidung der
Bundesrepublik Deutschland, die „Nukleare Teilhabe“ beenden und damit den Abzug
der Atomwaffen aus Deutschland umsetzen[2]. Die anstehende Modernisierung der
B61-Bomben [3] ist daher nicht nur überflüssig, sie darf auch bei politisch
bedingten Verzögerungen beim Ende der Nuklearen Teilhabe keinesfalls
stattfinden. Die Beendigung der nuklearen Teilhabe ist notwendig, sie ist
unverzichtbar und unvermeidbar. Neue sicherheitspolitische Konzepte in der NATO
sind notwendig, die nicht an die nukleare Abschreckung gebunden sind und
erklären, dass Atomwaffen angesichts der katastrophalen Folgen ihres Einsatzes
für Mensch und Umwelt keinen legitimen militärischen oder strategischen Zweck
erfüllen
Wir GRÜNE lehnen den Kauf von Kampfbombern oder andere Trägersysteme für die
„nukleare Teilhabe“ ab. Die völkerrechtswidrige Nukleare Teilhabe an den US-
Bomben darf auf keinen Fall durch eine wie auch immer formulierte „Teilhabe“ an
der französischen „Force de Frappe“ ersetzt werden.
Genauso strikt stehen wir gegen eine, wie auch immer ausgestaltete, atomare
Bewaffnung der EU. Vielmehr muss die deutsche Politik eindeutig dafür eintreten,
dass sich auch die europäischen Partner und Nachbarn zu einer schnellen und
umfassenden atomare Abrüstung bekennen und diese – soweit betroffen – auch
selbst umsetzen. Atomwaffen bieten keine Sicherheit, sondern vergrößern die
Gefahr einer absichtlich oder versehentlich ausgelösten einzigartigen
humanitären Katastrophe.
Begründung
inhaltliche Begründungen/Fußnoten (entfallen bei der Antragstellung):
[1]Begründung: Der NPT/NVV (Nicht-Verbreitungsvertrag von 1968) alleine hat die Zahl der Atomwaffenstaaten und die Gefährdung durch Atomwaffen nicht begrenzen können. Er verpflichtet seine Mitgliedsstaaten jedoch zur Verhandlung eines Vertrags zur vollständigen atomaren Abrüstung. Mit dem Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag und dem Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland würde Deutschland seine überfälligen Verpflichtungen aus dem Nichtverbreitungsvertrag erfüllen, dem es erst 1975 beigetreten ist. Damit könnte Deutschland eine Initiative zur lange überfälligen Nuklearen Abrüstung auslösen. Außerdem enthält der NPT/NVV die für uns GRÜNE nicht tolerable Verpflichtung zur Verbreitung von ziviler Kernenergienutzung.
[2]Begründung: Norwegen, Spanien, Dänemark, Litauen oder Island sind Beispiele für NATO-Mitglieder, die die Stationierung von Atomwaffen auf ihrem Territorium untersagen. Kanada und Griechenland sind aus der technischen nuklearen Teilhabe ausgestiegen. Der Atomwaffenverbotsvertrag ist so konzipiert, dass eine gleichzeitige NATO-Mitgliedschaft ausdrücklich möglich ist. Mit Österreich, Malta und Irland sind schon drei europäischen Staaten dem Atomwaffenverbotsvertrag beigetreten. Quellen: https://www.icanw.de/wp- content/uploads/2018/04/60_Jahre_nukleare_teilhabe_A4_web.pdf, https://www.icanw.de/wp-content/uploads/2020/10/20-10-23_AVV_Inkrafttreten.pdf,
[3] Hinweis, genauer: Ersatz der B61-3 und B61-4 durch B61-12, s.a. https://www.dw.com/de/usa-modernisieren-atombomben-in-deutschland/a-52856021
Begründung des Antrages:
Wir unterstützen die entsprechenden Bestimmungen des Nichtverbreitungsvertrags NPT/NVV als ein wirkungsvolles Instrument zur Eindämmung der nuklearen Proliferation. Wir fordern aber zugleich von den fünf atomaren bewaffneten Unterzeichnerstaaten ihrer vertraglichen Verpflichtung zur atomaren Abrüstung nachzukommen. Diese ernsthafte atomare Abrüstung fordern wir von allen Atomwaffenstaaten. Wir sind davon überzeugt, dass andernfalls der NPT/NVV seine Wirksamkeit noch weiter einbüßen wird. Wir unterstützen die Auffassung, dass der Atomwaffenverbotsvertrag TPNW und der Nichtverbreitungsvertrag NPT/NVV hierbei keinen Gegensatz bilden, sondern einander ergänzen und beide dem Ziel einer Welt ohne Atomwaffen dienen[1].
Für die Atomwaffen der nuklearen Teilhabe, u. a. die in Büchel für einen möglichen Einsatz bereitgestellten B61, gibt es nur den atomaren Erstschlag als realistischen Einsatzszenario und sehr große realistische Sicherheitsrisiken[2].
Die Beendigung der nuklearen Teilhabe und damit der Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem atomwaffenfreien Europa. Wir setzen uns dafür ein, diesen Schritt mit den Verbündeten abzustimmen. Besonders die Konsultationen mit den osteuropäischen Verbündeten, die eine abweichende Bedrohungswahrnehmung haben, halten wir für sehr wichtig. Wir wollen, dass alle NATO Mitglieder umdenken und den Weg aus der Logik der atomaren Abschreckung beschreiten. Der Ausstieg Deutschlands aus der nuklearen Teilhabe soll aber nicht unter dem Vorbehalt eines Konsenses im Rahmen der Bündnispartner stehen, sondern auch dann souverän im Interesse der Bevölkerung umgesetzt werden, wenn andere Staaten diesen Weg noch nicht mitgehen wollen. Die Erfahrungen des Ausstiegs Kanadas und Griechenlands aus der technischen nuklearen Teilhabe haben gezeigt, dass das möglich ist.
(Hinweis, entfällt bei der Antragsstellung)
Im 2017 Programm stand:
Weltweite Abrüstung muss ein Grundpfeiler der deutschen und europäischen Außenpolitik werden – gerade in unruhigen Zeiten. Wir kämpfen für eine Welt ohne Atomwaffen und dafür, sie völkerrechtlich durch eine internationale Konvention zu ächten. Es ist unverantwortlich, dass die schwarz-rote Bundesregierung im August 2016 gegen einen VN-Resolutionsentwurf zum Verbot von Atomwaffen gestimmt hat. Wir werden weiter für die vollkommene atomare Abrüstung kämpfen. Wir GRÜNE fordern den Abzug der letzten Atomwaffen aus Büchel und die endgültige Aufgabe der völkerrechtswidrigen „nuklearen Teilhabe“. Wir sind strikt gegen eine eigenständige atomare Bewaffnung der EU.
[1] Wissenschaftlicher Dienst des Bundestags https://www.bundestag.de/resource/blob/814856/28b27e2d04faabd4a4bc0bfd0579658c/W--D-2-111-20-pdf-data.pdf
[2] Aporien Atomarer Abschreckung https://www.swp-berlin.org/publikation/aporien-atomarer-abschreckung
Die Begründung und Fußnoten dienen dem Nachweis der Hintergründe und sind nicht Teil des Antrags.
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